Die Stadt Wien will die Wagenburg Hafenstraße in den nächsten Tagen ohne offizielle Vorankündigung und innerhalb von wenigen Stunden räumen lassen. So kann und darf das nicht gehen! Wir stehen und wohnen hier seit eineinhalb Jahren. Der Mieter des
Grundstücks hat keine Probleme mit uns und unterstützt uns in Form einer wünschenswerten, nachbarschaftlichen symbiotischen Beziehung. So kam von Seiten der Grundstücksbesitzerin,
der Stadt Wien, bisher keine Verlautbarung, dass unser Aufenthalt hier irgendein Problem darstellen könnte. Aus informellen Quellen haben wir nun erfahren, dass wir in den
kommenden Tagen unauffällig geräumt werden sollen. Dass die Räumung gleichzeitig mit Beginn der rot-grünen Koalitionsverhandlungen vonstatten gehen soll, zeigt, dass wir als
Spielball für politische Machtinteressen geopfert werden.
Kaum sind die Wahlen vorüber, haben Wagenplätze in der Stadt Wien scheinbar keine Daseinsberechtigung mehr. Nach der Wagentruppe Treibstoff vergangenen Donnerstag steht
nun das nächste Wagenplatz-Projekt vor der Räumung.
Die Wagentruppe Treibstoff wurde am 21.10.2010 unangekündigt innerhalb von wenigen Stunden polizeilich geräumt und zahlreiche Wohnwägen sind seit mehreren Tagen unter Verschluss. 15 Personen sind dadurch de Facto von heute auf morgen obdachlos und im Nachkommen ihrer alltäglichen Verpflichtungen stark behindert.
Der Wagenlatz Lobau (die legale Alternative) wurde komplett hinters Licht geführt.
Verträge für ein unverschämt teures Grundstück wurden ausgehandelt, aber die MieterInnen im Unwissen gelassen, dass einen Meter neben der Grundstücksgrenze eine dreijährige,
24-Stunden Großbaustelle aufgezogen wird. Am Morgen des 18.10.2010 wurden die WagenbewohnerInnen von Baumaschinen geweckt.
Wir, die Wagenburg Hafenstraße, haben soeben erfahren, dass uns in den nächsten Tagen das gleiche Schicksal wie der Wagentruppe Treibstoff ereilen soll. Warum die Stadt Wien jetzt droht, uns in kürzester Zeit räumen zu lassen und aus unserem
Leben zu reißen, ist nicht nachvollziehbar. Und warum uns nicht die Möglichkeit gegeben werden soll, eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung zu finden, ist ungerecht
und unmenschlich.
Sollte es in den nächsten Tagen zu dieser Räumungsaufforderung binnen 20 Minuten kommen, wird einmal mehr deutlich wie unmöglich die Forderungen der Exekutive an uns sind.
Wir können aus mehreren Gründen diesen Platz nicht innerhalb so kurzer Zeit verlassen:
1.Stehen wir hier seit 18 Monaten und haben dadurch verständlicherweise nicht all unser Hab und Gut innerhalb von wenigen Minuten fahrbereit
2.Ist die von der Stadt angebotene Alternative im 22. Bezirk ein so kleines Grundstück, dass dort gar nicht alle von uns Platz fänden.
3.Stehen auch wir (alle im Alter von 22 bis 42 Jahren) noch anders im Leben, so dass es uns nicht möglich in so kurzer Zeit einen Umzug zu organisieren.
Wir fordern die Verantwortlichen, Herrn Kauf und Frau Winkler von der MA 69 auf, umgehend mit uns in Kontakt zu treten, um anhängenden Prekariatsvertrag in dieser oder ähnlicher Form zu unterzeichnen. Der Winter steht vor der Tür, auf diesen haben wir uns und unsere Infrastruktur hier, in der Hafenzufahrtsstraße bereits eingestellt. Somit wollen wir zumindest für die kommenden Monate hier stehen bleiben.
Wir laden alle PressevertreterInnen und Interessierte ein, uns in der Wagenburg Hafenstraße besuchen zu kommen. Jeden Tag von 09:00 ? 12:00 oder nach telefonischer Vereinbarung unter der Nummer 0650 561 61 85 bzw. per E-mail hafenstrasze@wagenplatz.at.
Die Wiener Wagenplätze sind ein wichtiger und notwendiger Bestandteil von Wien. Besonders der Standort Hafenzufahrtsstraße 60 ist geeignet einen offenen, vielfältigen und legalen Wagenplatz zu ermöglichen.